Das Forschungsprojekt FiDiPub erhebt seit sechs Wochen Daten zum sächsischen Verlagsalltag in Zeiten der Pandemie mittels eines überwiegend qualitativen Fragebogens. Sieben Kleinverlage haben bisher geantwortet, wie sie den Ausfall der Leipziger Buchmesse und die Corona-Krise bewältigen. Die Buchprojekte kleiner Verlage erfordern großen Zeitaufwand und sind mit einem hohen Maß an Kreativität und persönlichem Engagement verbunden, wobei 71 % der Verleger*innen selbstständig bzw. im Nebenerwerb ihre Arbeit gestalten.
… mehr Arbeit durch Onlineangebote.
Die digitale Transformation bzw. die digitale Bereitstellung vormals analoger Angebote erfordert einen erhöhten personellen Einsatz bei den Kleinverleger*innen, die allesamt aus höchstens fünf Mitarbeitenden bestehen.
Unsere Novität zu promoten, uns als Verleger- und AutorInnenkollektiv zu stärken […] all das ist ohne die Buchmesse schwieriger.
Die meisten befragten Kleinverlage reagieren auf die Absage der Leipziger Buchmesse mit Ersatzaktionen und einem verstärkten Fokus auf Online-Angebote. Dass die Messe so kurzfristig abgesagt wurde, wird sowohl erleichternd als auch belastend wahrgenommen. Die bereits getroffenen Vorbereitungen für die geplatzte Messe und die Etablierung digitaler Ausweichmöglichkeiten zur Kompensation der wegfallenden Umsätze beanspruchen die Ressourcen.
Der stationäre Buchhandel als Vertriebsweg ist stark geschrumpft.
Vor allem im Vertrieb haben sich seither neue Herausforderungen ergeben, da der stationäre Buchhandel als Vertriebsweg und Präsenzort mehrere Wochen im März und April entfiel, Lesungen ersatzlos abgesagt werden und auch, weil sich pandemiebedingt längere Lieferzeiten im rückläufigen Umsatz bemerkbar machen. Hinzukommt, dass die Novitäten der Kleinverlage nicht die erhoffte, mitunter von der Messe ausgehende Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit erhalten.
Wir setzen zusätzlich auf Mailings und Social-Media-Aktionen bei Leser*innen.
Statt um persönliche Begegnungen mit Schreibenden und Lesenden, Termine mit Kooperations- und Geschäftspartner*innen oder den Gewinn neuer Kontakte auf der Leipziger Buchmesse und dem Lesefestival „Leipzig liest“ bemühen sich die Kleinverlage nun vermehrt um die gezielte Ansprache ihrer Zielgruppen online, beispielsweise durch hochwertigen Social Media-Content, digitale Lesungen und erweiterte E-Book-Sortimente.
Wir versuchen unseren Kunden und Partnern […] zu signalisieren, dass unsere Verlagsarbeit fortgesetzt wird.
Dabei rückt die Analyse der Zielgruppe sowie die digitale Erreichbarkeit der Verlage über Social Media und Website immer mehr in den Fokus. Diese wurden teilweise aktualisiert bzw. erweitert, um den Leser*innen zu signalisieren, dass die Verlage weiterhin für sie da sind, um Novitäten zu bewerben und gemeinsame Aktionen zu planen.
Dafür läuft der Bestellweg über den eigenen Onlineshop verstärkt.
Durch die mehrwöchige Schließung des stationären Buchhandels und die Corona-bedingten Lieferungseinschränkungen bei Amazon läuft der Bestellweg verstärkt über den eigenen Onlineshop ab. Auch hieraus ergibt sich ein erhöhter Personalaufwand. Um die Versanddauer so gering wie möglich zu halten, werden Artikel auf lokaler Ebene teilweise persönlich ausgeliefert.
Wir erleben verstärkt Solidarität mit unseren Autor*innen, die sich noch mehr gegenseitig aushelfen.
Für ein solidarisches Miteinander in der prekären Zeit wünschen sich die Kleinverlage noch mehr Kooperation statt Konkurrenz. Teilweise erhalten die Verlage auch praktische Solidarität in Form von Mentions in Social Media, welche die Bestellungen spürbar ankurbeln. Ein Verlag teilt diese Solidarität mit dem stationären Buchhandel, indem für Bestellungen – trotz eigener Webshop-Infrastruktur – auf lokale Buchläden verwiesen wird.
Die Gemeinschaft ist jetzt gefragt.
So überrascht es nicht, dass sich die Kleinverlage als Assoziierte der Förderinitiative FiDiPub vor allem Solidarität, Austausch und Transfer von branchen- und krisenrelevantem Wissen erwarten. Schließlich birgt die Pandemie trotz der Herausforderungen, welche sie an uns alle stellt, große Chancen zum digitalen Fortschritt, oder anders formuliert: die Notwendigkeit digitaler Teilhabe der Kleinverlagsbranche erfährt derzeit eine neue Dimension der Notwendigkeit.
Lassen Sie es uns angehen!